Aufruf der Initiative 6. April zum Gedenken an Halit Yozgat am 06.04.19

Als zivilgesellschaftliches Bündnis 6. April rufen wir am 6. April 2019 zu einer Demonstration mit dem Titel „Solidarität statt Schlussstrich – Rassistische Strukturen auflösen! NSU-Komplex aufklären“ auf.

Beginn: Rathaus 13.30h

Ende: 15.30h am Philipp-Scheidemann-Haus (gegenüber des Halitplatzes)

Gedenkveranstaltung: 15.30h am Halitplatz

“Wenn die wahren Verstrickungen nicht benannt werden, kann es immer wieder
passieren.” hat ein Aktivist aus der Keupstraße kurz nach dem Bekanntwerden
des NSU prophezeit.
2006 hat der NSU Halit Yozgat in seinem Internetcafé in der Holländischen  Straße ermordet. Im Juli letzten Jahres ist der erste NSU-Prozess in München gegen fünf Angeklagte zu Ende gegangen. Auch der erste hessische Untersuchungsausschuss in Wiesbaden wurde abgeschlossen. Die zentralen Fragen blieben offen: Warum Halit? Wer waren die lokalen Unterstützungsstrukturen?
Was hat der Verfassungsschutz mit den Morden zu tun? Die Forderungen von Überlebenden, Angehörigen und Unterstützer*innen bleiben unerfüllt: Rassismus
in staatlichen Strukturen bekämpfen, den Verfassungsschutz abschaffen und die Umbenennung der Holländische Straße in Halitstraße. Entsprechend wichtig ist es, dass wir nicht zulassen, dass ein Schlussstrich gezogen wird und dass die offenen Fragen weiterhin gestellt und lückenlos aufgeklärt werden. Wir wenden uns gegen das Vergessen, gegen den Versuch einen Schlussstrich zu ziehen. 2019 stehen wir vor neuen rechten Parteien und Bündnissen; alten und neuen rechtsterroristischen Strukturen, die auch in Nordhessen agieren; nur in Ansätzen aufgedeckten rechten Netzwerken in Polizei und Bundeswehr; einem gesellschaftlichen Rechtsruck und der ungebrochenen Alltäglichkeit von Rassismus in Gesellschaft und Institutionen.
All diese Strukturen müssen aufgedeckt und aufgelöst werden. Die hessische Regierung übt sich seit 2006 in Verschleierung, Lügen und Vertuschung. Dem wollen wir geschlossen entgegentreten. Die Realität der Gesellschaft der Vielen muss endlich anerkannt werden. Wir stehen für ein gleichberechtigtes Miteinander aller Menschen und solidarisch an der Seite von Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt.
Deswegen fordern wir ein Ende des Verdrängens und Vertuschens durch die Behörden, eine konsequente Bekämpfung von Faschismus, Neonazismus und Rassismus und setzen uns für ein gemeinsames, solidarisches Entgegentreten gegen den alltäglichen Rassismus in dieser Gesellschaft ein.

Gemeinsame Anreise vom Frankfurter Hauptbahnhof am 06.04.19 um 11:10 ab Gleis 15.

Weitere Infos von der Initiative 6. April:
https://www.facebook.com/Initiative6.April/
https://initiative6april.wordpress.com/

Kommt zum Gedenken an Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat

Im April 2006 wurden Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat vom NSU ermordet. Mehmet Kubaşık am 04. April in Dortmund und Halit Yozgat nur zwei Tage später, am 06. April in Kassel. Bis heute fehlt eine umfangreiche Aufarbeitung und Aufklärung der rassistischen Mordserie des NSU, bei der neun migrantisierte Menschen und eine Polizistin ermordet wurden. Und an vielen Orten kämpfen die Betroffene und solidarische Menschen noch immer um ein Gedenken, das den Bedürfnissen und Forderungen der Familien der Opfer entspricht. In Kassel fordert die Familie Yozgat seit Jahren die Umbenennung der Holländischen Str. in Halitstr. Denn in dieser Straße wuchs Halit Yozgat auf, er lebte dort und er wurde auch dort ermordet. Doch die Stadt Kassel entzieht sich ihrer Verantwortung, indem sie zunächst einen bis dahin namenlosen Platz Halitplatz nannte und und diesem Jahr nicht ein Mal mehr an der Gedenkveranstaltung  der Familie teilnimmt. Das zeigt einmal mehr, wie paternalistisch und ignorant staatliches Erinnern organisiert ist. 
Seid solidarisch mit den Familien von Halit Yozgat und Mehmet Kubaşık und nehmt an den von ihnen (mit)organisierten Gedenkveranstaltungen teil. Fahrt am 04. April nach Dortmund und am 06.April nach Kassel
Kein Schlussstrich!
Gemeinsame Anreise aus Frankfurt nach Kassel am 06. April: Treffpunkt um 11.10 Uhr vorne an Gleis 15.
Infoveranstaltung mit Ayşe Güleç (Initiative 6. April) am 28.03. um 19.00 Uhr im türkischen Volkshaus (Werrastraße 29, Frankfurt)

Kundgebung: Wessen „Freund und Helfer“? – Das Problem heißt Rassismus!

Wessen „Freund und Helfer“? – Das Problem heißt Rassismus!
Kundgebung am 25.01. // 17 Uhr am 1. Polizeirevier Frankfurt (Zeil 33)

Solidarität mit Seda Başay-Yıldız und allen Betroffenen von rassistischer und rechter Polizeigewalt!

Fast wöchentlich weitet sich der Skandal um die rechtsextremen Umtriebe innerhalb der hessischen Polizei weiter aus. Mittlerweile erhielt die Frankfurter Rechtsanwältin und NSU-Nebenklagevertreterin Seda Başay-Yıldız einen zweiten Drohbrief, in dem ihr und ihrer Familie erneut mit dem Tod gedroht wurde. Wie bereits der erste Brief, war auch dieser unterzeichnet mit dem Kürzel „NSU 2.0“. Zuletzt wurden Ermittlungen gegen drei weitere hessische Polizist*innen aufgenommen, die aktuelle Zahl der Fälle steigt damit auf elf an. Die stetig neuen Vorfälle und Erkenntnisse erfüllen uns mit Angst und Wut. Letzten Endes unterstreichen diese jedoch nur, worauf von Rassismus betroffene Personen und Initiativen schon seit Jahren versuchen aufmerksam zu machen: die deutsche Polizei hat ein strukturelles Rassismusproblem. Denn bei all den Vorfällen der letzten Wochen und Monate handelt es sich nicht um Einzelfälle. Sie reihen sich ein in die rassistischen Ausschreitungen von Chemnitz, die erst durch die Laissez-faire-Mentalität der sächsischen Polizei ermöglicht wurden, sowie die anschließenden Verharmlosungen und Verschwörungstheorien des mittlerweile entlassenen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen oder die Enttarnung eines rechtsextremen Netzwerkes in der Bundeswehr mit weitreichenden Verbindungen und Kontakten zu staatlichen Strukturen. Die Liste ließe sich noch lange fortführen.

All diese Fälle verdeutlichen die strukturelle Kontinuität des NSU-Komplexes innerhalb staatlicher Institutionen und den mangelnden Aufklärungswillen der deutschen Behörden. Solange sich rechte Akteur*innen bei der Polizei und anderen Institutionen offensichtlich pudelwohl fühlen, ist die Aufarbeitung des NSU-Komplexes gescheitert!
In den 11 Jahren der Mord- und Anschlagsserie durch den NSU wurden Betroffene und Angehörige der Mordopfer durch die Sicherheitsbehörden kriminalisiert, durch die Medien diffamiert und von der weißen bundesdeutschen Öffentlichkeit ignoriert, statt den Betroffenen zuzuhören und ihr migrantisch situiertes Wissen um die rassistischen Motive zu würdigen. Diese Zustände haben noch immer Kontinuität. Es passiert schon wieder.
Wir müssen mit Entsetzen feststellen, dass die gleichen Mechanismen wieder greifen. Wo ist der öffentliche Aufschrei? Wo sind die Entlassungsforderungen der politisch Verantwortlichen? Wo ist die Skandalisierung des Verhaltens von Innenminister Beuth und des Ministerpräsidenten Volker Bouffiers?

Wenn der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft dann auch noch ernsthaft versucht, diese rechten Umtriebe seiner hessischen Kolleg*innen mit der Überlastung und dem hohen Arbeitsstress des Polizeialltags zu relativieren, können wir nur mit dem Kopf schütteln. Wie wir es bereits im Nachgang des rassistisch motivierten Anschlags auf vermeintliche Migrant*innen in Bottrop erlebt haben, wird hier der Versuch unternommen, rassistische und rechte Motive zu einer persönlichen Betroffenheit umzudeuten und damit die Täter*innen zu den eigentlichen Opfern zu stilisieren. Das lassen wir uns nicht gefallen und bleiben dabei: das Problem heißt (institutioneller) Rassismus!

Deshalb lasst uns diesen Tag gemeinsam nutzen, um auf die Stimmen derer aufmerksam zu machen, für die die Polizei kein „Freund und Helfer“ ist, sondern eine alltägliche Bedrohung. Zeigen wir unsere Solidarität mit Seda Başay-Yıldız und allen anderen Betroffenen von rassistischer und rechter Polizeigewalt.

Als das Bündnis Kein Schlusstrich Hessen fordern wir die umfassende Aufklärung rechtsextremer Netzwerke innerhalb der hessischen Polizei und anderen staatlichen Behörden. Darin sehen wir auch die Notwendigkeit eines neuen parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufarbeitung der NSU-Morde und ihrer ideologischen Kontinuität. Weiter fordern wir eine unabhängige Kontrollinstanz zur Dokumentation und Untersuchung von Polizeigewalt. Besonders in Frankfurt sind Schwarze und migrantisierte Menschen in ihrem Alltag immer wieder mit Schikanierungen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Polizei konfrontiert. Zuletzt fordern wir deshalb euch auf, eure Solidarität auch im Alltag zu zeigen. Wenn ihr Zeug*in von rassistischer Polizeipraxis werdet: schreitet ein, sprecht mit den Betroffenen und zeigt euch solidarisch! Unterstützt solidarische und antirassistische Projekte und Initiativen, fragt kritisch nach, schaut nicht weg!

Kein Schlussstrich.

Wessen „Freund und Helfer“? – Das Problem heißt Rassismus!
Kundgebung am 25.01. // 17 Uhr am 1. Polizeirevier Frankfurt (Zeil 33)

Informationen zum NSU-Prozess vor dem OLG München

Zum Urteil im Prozess vor dem OLG München

Kein Schlussstrich – Warum es nach dem Prozess weitergehen muss

 

Presseerklärung zum NSU 2.0

Unsere Erklärung zum NSU 2.0 und den rechtsextremen Strukturen/Gruppen in der Frankfurter Polizei:

Vor wenigen Tagen ist der Öffentlichkeit bekannt gegeben worden, dass in der Polizei in Frankfurt eine Gruppe von Rechtsextremen unter der Selbstbezeichnung als NSU 2.0 die Anwältin Seda Başay-Yıldız und ihre Familie mit dem Tod bedroht haben. Am gestrigen Mittwoch wurde klar, dass der hessische Innenminister Beuth bereits im August von den Morddrohungen wusste und das Parlament nicht unterrichtete.

Für das Bündnis „Kein Schlussstrich Hessen“ machen die aktuellen Ereignisse erneut deutlich, dass die Strukturen unverändert sind, welche den NSU-Komplex möglich gemacht haben.
„Wie tief muss der Rassismus bei der Polizei sitzen, wenn Rechtsextreme auf der Wache nicht weiter auffallen? Die rassistischen, antisemitischen und behindertenfeindliche Positionen der Beamt*innen wurden entweder von einem großen Teil der Kolleg*innen einfach ignoriert oder sogar geteilt “, so Meltem von Bündnis „Kein Schlussstrich Hessen“.

Wie sehr die polizeiliche Arbeit von Rassismus geprägt ist, zeigt auch das Racial Profiling der letzten Wochen an der Frankfurter Hauptwache. Mehrere Videoaufnahmen und Augenzeug*innenberichte der rassistischen Kontrollen zeigen deutlich: „Rechtsextreme bei der Polizei sind nur die Spitze des Eisberges. Schwarze und migrantische Menschen sind in ihrem Alltag immer wieder mit Schikanierungen bis hin zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Polizei konfrontiert. Es braucht endlich eine unabhängige Beschwerdestelle für Betroffene, wie sie in anderen Ländern längst üblich ist“ so Meltem.

Dass die rechtsextremen Aktivitäten der Frankfurter Polizist*innen keine Einzelfälle sind, sondern dadurch ein strukturelles Problem mit rechtem Gedankengut sichtbar wird, zeigt die Vielzahl weiterer Fälle, die in diesen Tagen publik werden. Hilde von Kein Schlussstrich Hessen stellt fest: „Wenn sich rechte Akteur*innen offensichtlich bei der Polizei pudelwohl fühlen, ist die Aufarbeitung des NSU-Komplexes krachend gescheitert.“

Dass auch die Politik keine Lehren gezogen hat, bewies Innenminister Beuth in einer Sondersitzung des hessischen Landtages, als er zugab, dass er seit August von den Morddrohungen gegenüber Seda Başay-Yıldız unter dem Titel NSU 2.0 wusste, das Parlament darüber allerdings nicht in Kenntnis gesetzt hatte. „Es werden Parallelen zum Verhalten Bouffiers im Jahr 2006 deutlich, als dieser nach dem Mord an Halit Yozgat das Parlament nicht darüber informierte, dass der Verfassungsschützer Andreas Temme unter Mordverdacht stand“ so Hilde.

Für Betroffene von rechter und rassistischer Gewalt bedeutet das Auffliegen eines rechtsextremen Netzwerkes in der Polizei weitere Verunsicherung. Zum Abschluss des Jahres 2018 reiht sich der Polizeiskandal ein in die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, die anschließenden Verharmlosungen und Verschwörungstheorien des mittlerweile entlassenen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen oder der weiter unaufgeklärte Tod von Amad A., welcher an den Folgen eines Brandes in seiner Zelle starb, in der er aus ungeklärten Gründen fälschlicherweise festgehalten wurde.

„Auf Staat und Polizei können wir uns nicht verlassen. Es braucht viel mehr zivilgesellschaftliches Engagement, welcher den Rassismus in den Behörden in den Blick nimmt und tatsächlich angeht“ so Meltem.